Home
Wiesau~Radwanice
News
Kontakt/Impressum
Geschichte
Die Wiesauer
Erntedankfest 2004
Reise
Bilder
Ortschronik
Chronik 1835-1898
Chronik 1905-1919
Chronik 1925-1929
Jahrhundertwende
Jan/Febr. 1945
Nach Febr. 1945
Die Flucht
Jan/Febr. 1945

Wiesau, ein eher ruhiger und beschau- licher Ort, war voll von Militär und Men- schen auf der Flucht. Sie kamen und gingen.

Ab 18. Januar wurde das zur Festung er- klärte Glogau evakuiert. Am 23. Januar kam  eine letzte größere Gruppe Glogauer durch Wiesau. Durch den Rundfunk wurde an diesem Tag der Durchbruch der „Roten Armee“ über die Oder bei Köben gemeldet. Für Wiesau gab es keinen Räumungsbe- fehl.

Am 6. Februar meldete der Rundfunk „Der Russe wurde zurückgeschlagen“.

Meine Wiesauer schöpften Hoffnung, dass ihnen die Flucht erspart bleiben könnte. Was sie nicht wussten – die „Rote Armee“ stand seit dem 2. Februar etwa 30 km südöstlich vor Lüben (OKW-Bericht vom 3.Februar: „Kämpfe bei Lüben und Rau- ten“).

Am frühen Nachmittag des 8. Februar verschwand dann das Militär und ich sah in der Nachbargemeinde Roggendorf die „Rote Armee“ ihre Geschütze in Stellung bringen und viele Soldaten und Panzer.

Jetzt bekamen meine Wiesauer von ihren Herren den Räumungsbefehl - in letzter Sekunde!

Die „Rote Armee“ hatte eine Großoffen- sive gestartet. (Im OKW-Bericht - Ober- kommando der Wehrmacht - vom 9.2. hieß es: „Bei Lüben und nördlich Heer- wegen (Polkwitz) tiefe Einbrüche. Nördlich davon bis Glogau wurde die Hauptkampf- linie zurückgenommen”.

Um „die Moral der kämpfenden Truppe nicht zu zersetzen“ hatte das Regime die rechtzeitige Evakuierung der Zivilbevöl- kerung (Offiziell hieß es: „Ausdünnung der Zivilbevölkerung“) unterbunden.

Gegen 20 Uhr wurden Kranke, Schwange- re und Kinder mit einem Bus zur Bahnsta- tion nach Klopschen gebracht.

Am 9. Februar gegen 4 Uhr setzte sich dann ein Elendszug mit Gespannen,  Fahrrädern und Fußgängern in Beweg- ung - der Wiesauer Flüchtlingstreck.

In Klopschen herrschte währenddessen heilloses Chaos. Militär- und Lazarettzüge aus Glogau blockierten die Strecke. Die Menschen saßen im Saal des Gasthauses Karschunke und warteten voller Verzwei- felung auf ihren Transport.

Sie warteten auch noch als der Wiesauer Treck durch Klopschen zog. In der Mor- gendämmerung fuhr dann ihr Zug ein – es waren offene Güterwaggons. Die Warten-

den stürmten den Zug. Der Ansturm wur- de jedoch jäh beendet,als russische Tief- flieger auftauchten. Es gab einige Leicht- verletzte.

Als die Tiefflieger verschwanden setzte sich der Güterzug in Bewegung.

Nicht alle gingen fort. Von denen die blie- ben, verloren kurze Zeit darauf einige ihr Leben. Andere wurden durch die Sieger von der Zwangsarbeit befreit und einige Besiegte wurden Dank ihrer Vorfahren  über Nacht zu Siegern.

In dieser Nacht wurde es sehr still um mich herum. Dann waren die Sieger da und der Lärm des Krieges vermischte sich mit dem Lärm der Sieger.

Dann kamen noch vereinzelt Flugzeuge und warfen einige Bomben über Wiesau
ab – ohne größeren Schaden zu verur- sachen.

In meinem Inneren, wo sonst die Orgel ertönte, Chorgesänge den Raum erfüllten und Menschen beteten, wurde geplündert und zerstört.

Bald wurde ich zum Lagerhaus umfunktio- niert. Aber mir ging es noch besser als dem Schloss, das wurde von den Siegern geschliffen oder dem kleinen Fachwerk-

[Home] [Wiesau~Radwanice] [News] [Kontakt/Impressum]